am 21. September 2021
von Stefan Eich
Auch wenn ich mittlerweile schon wieder 5 Rennen absolviert habe (Moorgrund-Skiroller-Marathon, ÖSV Sommer-GP Kitzbühel, Ring-Frei am Salzburgring und 2 Rennen vom neuen Oberstdorf-Triple), muss ich wieder mal über das aktuell Erlebte berichten!
Der
Klarälvsloppet von Uddeholm nach Karlstad in Schweden ist zwar genau so lang wie der Vasaloppet, 90 km in klassischer Technik, jedoch ist immer noch der Alliansloppet, auch in Schweden, dass weltweit größte Skiroller-Event. Nichtsdestotrotz zählt dieser Lauf zur Vismaskiclassics Challenge-Serie und ist auch ein Seeding-Rennen für den Wasalauf! Deshalb sind natürlich auch die Großen der Skimarathon-Szene mit am Start, ergänzt u.a. durch Olympiasieger und mehrfachem Weltmeister Petter Northug bei den Männern und die aktuell im Weltcup vorn plazierte Hanna Falk bei den Damen.
Die Anmeldung war etwas kompliziert, zumindest von Deutschland aus. Aber mit Hilfe von Peter und seinen guten schwedischen Sprachkenntnissen, haben wir es geschafft uns anzumelden, auch wenn wir uns „damals“ noch nicht sicher sein konnten, ob das Rennen überhaupt stattfinden kann/wird!?
Es konnte ein früheres Ergebniss eingegeben werden, um einer Startgruppe zugeordnet werden zu können. Ich entschied mich für den Vasaloppet 2016 mit der Zeit von 6:22 Stunden. Diese Zeit brachte mich in Startgruppe 6 von 7! :-) Das zeigte mir schon, dass da zwar nicht so viele starten wie beim Alliansloppet, jedoch diese Startenden schon überwiegend gut sind. Diesen Wettkampf erklärte ich somit zu meinem Hauptziel bei der Trainingsplanung vom Thomas.
Da der 19.09.2021 genau am Ende unseres geplanten Urlaubs lag und Heidi und ich diesen in Kroatien verbrachten, war für mich klar, dass ich ohne meine Ehefrau zu diesem Wettkampf fahren muss. Richtig gelesen, ich habe mich für das Fahren mit dem eigenen Auto entschieden, auch deshalb, weil mich meine beiden Söhne, Dennis und David, begleiten wollten und wir uns somit beim Fahren abwechseln konnten.
Also ging es am Freitag, den 17.019.2021 um 9 Uhr los, Richtung Norden. Das Auto war beladen, nichts wurde vergessen und das Wetter war zwar bewölkt, aber trocken. Auch für die kommenden Tage war kein Regen angesagt, weder in Deutschland, noch in Schweden. :-)
Die Entfernung von Günzburg nach Karlstad beträgt 1717 km, da wir alles auf dem Landweg nehmen wollten. Allerdings haben wir die Hinfahrt so geteilt, dass wir zuerst bis nach Oeversee (Nähe Flensburg) in ein Hotel am Sankelmarker See fuhren, in der Nähe was wunderbares zu Essen fanden und diesen Tag mit einem SchleFaZ-Film („Angriff der Riesenkralle“) beendeten.
Das Frühstück wurde uns am nächsten Morgen auf einem Wagen vor die Tür gebracht und wir konnten es gemütlich und stressfrei auf dem Zimmer einnehmen. Mit dieser sehr guten Voraussetzung war dies der perfekte Start in diesen neuen, anstrengenden Tag mit langer Autofahrt.
Es blieb, wie vorhergesagt, bewölkt, aber trocken und wir machten uns auf den Weg über Dänemark nach Schweden. Dabei nahmen wir die Öresundbrücke und auch da klappte alles (Maut) wie erhofft. Mit kleineren Pausen erreichten wir unser Hotel in Karlstad gegen 17 Uhr, checkten ein, freuten uns über das schöne 3-Einzel-Betten-Zimmer und besuchten zuerst mal den Spa-Bereich, der mit einem kleinen Fitnessraum, einer finnischen Sauna, Dampfbad, Whirlpool und einem großen Schwimmbecken (nicht geheizt) ausgestattet war. Dann aßen wir im hoteleigenen Restaurant zu Abend, spielten jeder gegen jeden Billard und Schach und machten uns, diesmal ohne Film (weil es schon 23:30 Uhr war!!), bettfertig, da der Wecker um 6:30 Uhr klingeln wird.
Die Fahrt vom Hotel in Karlstad zum Start in Uddeholm beträgt eine Stunde und ich wollte noch vor 8:30 Uhr am Startgelände ankommen, um noch in Ruhe Peter zu treffen und auch um meine Startnummer abzuholen. Ich hatte die 438 bekommen. Das Ziel meines Onkels war, die 90 Km unter 4 Stunden zu laufen. 2019, mit 68 Jahren brauchte er 4:07 Stunden. Mein Ziel war es, das Rennen unter 5 Stunden zu meistern.
Es war ein großflächiges Gelände mit guter Musik und schon viele Athleten, die sich warm machten. Der Himmel war bewölkt mit einigen blauen Flecken und es hatte so um die 8°C. Wir parkten auf dem uns zugewiesenen Parkplatz und eine Autoreihe unter uns sah ich Andreas Nygaard, der sich schon seine Startnummer 1 (Sieger vom Klarälvsloppet 2020) übergestreift hatte und nutzte gleich mal die Gelegenheit um ihn zu fragen, ob ich ein Foto mit ihm machen darf, was er sofort bejahte! :-) War schon bisschen Stolz, mit einem so erfolgreichen gemeinsam abgelichtet zu werden! :-) Dann nahm ich meine Skiroller (Marwe) und meine Stöcke und holte meine Nummer ab. Von anderen Rennen kannte ich, dass die Rollski genau angeschaut werden, ob sie dem geltenden Reglement entsprechen und dann auch markiert werden. Dies war dort nicht der Fall. Auch vertrauten sie auf die Ehrlichkeit bei der Stocklänge. Die Elite musste einheitlich mit gestellten Skirollern laufen und beim Rest war vorgegeben, nur Gummirollen mit mindestens einem Rad mit Rücklaufsperre. Meine Ausrüstung hätte jeder Kontrolle, vor, während oder nach dem Rennen stand gehalten!
Die Zeit verging relativ schnell, so dass ich über den Lautsprecher hörte, dass der Start der Elite (Männer) schon in fünf Minuten ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich erstmal meine Startnummer mit Sicherheitsnadeln befestigt! (Nur die Elite hatte „gute“ Stoffstartnummern zum überziehen!! Zog mich also komplett an, habe mich entschieden, „lang“ zu laufen, nahm das gesamte Equipment und ging auch zum Start, wo Dennis und David schon auf mich warteten.
Der Start der Männerelite war pünktlich um 9 Uhr. Die Elite der Damen startete um 9:05 Uhr, obwohl es nur 8 Frauen waren, welche sie auch mit den Männern hätten starten lassen können. Diesen Start hatte ich auch noch mitbekommen, obwohl ich nach dem Männerstart noch einmal auf dem Dixiklo gewesen bin. Danach, um 9:10, erfolgte der Start der Startgruppe 3 und minütlich dann die restlichen Startgruppen. Mein Start, mit ca. 50 anderen Athleten, war um 9:13 Uhr. Die Männer der Startgruppe 7 starteten mit uns, da es nur wenige waren.
Von Beginn an fühlte ich mich relativ gut und versuchte, mich an gleich schnelle oder schnellere Konkurrenten dran zuheften, um einen „Zug“ zu bilden, um Kräfte zu sparen und höhere Geschwindigkeiten erreichen zu können. Das klappte auch sehr gut. Schon relativ schnell sammelte/n ich/wir das Ende der vorher gestarteten Startgruppe auf und unser Zug hatte 5 Männer. Auch wenn einer schneller wurde, blieb ich dran und machte selbstverständlich auch die wichtigen Führungsarbeiten. Das Streckenprofil zeigte keine extremen Steigungen oder Gefälle. Es war relativ flach mit langen leicht ansteigenden Passagen oder längere geringfügig abfallende Wege. Der Belag war komplett in einem sehr gutem Zustand. Es gab keinerlei Verschmutzungen oder andere störende Elemente. Da muss ich dem Organisationsteam ein dickes Lob aussprechen! Einmal löste sich der Zug von mir und gewann einen Vorsprung von ca. 80 Meter, aber ich erholte mich relativ schnell, begann die Aufholjagd (alleine) und es gelang mir, wieder aufzuschließen. War zwar richtig kräfteraubend, aber im Zug konnte ich mich wieder etwas erholen.
Meine Jungs, die sich in der Gegend natürlich überhaupt nicht auskannten, wohl aber Spezialisten im Auswerten ihrer Smartphones (hatten die Klarälvsloppet-App runter geladen und konnten mich somit live verfolgen, was aber nicht immer zu 100% überein stimmte) reichten mir immer wieder meine Getränkeflasche, feuerten mich an und hatten einen stolzen Gesichtsausdruck.
Insgesamt waren 7 Verpflegungsstationen des Veranstalters auf der Strecke und ich nahm an jeder ein Getränk, da ich ja nie wusste, wann David und Dennis auftauchen.
Bis km 70 war es ein wunderschönes Rennen, die Roller liefen gut, ich war nie alleine, sondern hatte mich mit einem Schweden zusammengetan und wir hatten einige Plätze gut gemacht, bis ich ihn ziehen lassen musste, da ich am rechten Trizeps Krämpfe bekam und nicht mehr mit der Kraft schieben konnte. Apropos Schieben, diese 90 km wurden komplett durchgeschoben und es gab nicht ein mal die Möglichkeit, sich in einer Abfahrt zu erholen. Da kam auch erstmals der Moment, in dem ich überholt wurde. Davor war ich permanent am überholen. Aber diese letzten Kilometer quälte ich mich einfach durch und es ging auch so gut, dass ich das Tempo von Überholenden mitgehen konnte und somit keine weiteren Plätze verlor. Meinen Schweden überholte ich kurz vor dem Ziel, sah in an und sagte, „come on“, er erwiderte nur, dass er Krämpfe hat, bedankte sich aber für die gute Zusammenarbeit, die wir hatten.
Während des Rennens wurde die Distanz zum Ziel alle 5 Kilometer angezeigt und die letzten 5 km jede 1000 Meter. Hatte zwar meine Garmin dabei, aber irgendwie bin ich immer wieder mal auf die Stopp taste gekommen. So habe ich nur 74 km aufgezeichnet und wusste keine genauen Werte während des Rennens. :-(
Meine Zwei riefen mir zu, dass ich einen Durchschnitt von 21 Km/h hatte und hoffte, dass ich, auch wenn ich langsamer wurde, eine Zeit unter 4:30 Stunden erreiche. Was bedeutet hätte, dass ich diese 90 km mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 Km/h schaffen konnte.
Auf der Zielgeraden sah ich Peter und hatte auf der Ziellinie die Zeit von 4:29:47 Stunden stehen! Juhu! Mein Training hat sich gelohnt und ich konnte meine Leistung, die ich in der Lage bin zu erbringen, auch zeitgerecht abrufen zu können. Ich habe mein Lächeln sicher lange nicht aus dem Gesicht löschen können, warum auch.
Hinter der Ziellinie, am Ausgangsbereich, wurde mir dann der Zeitnahmechip abgenommen und eine Medaille umgehängt. (Video)
Endlich konnte ich meine Roller abschnallen. Das Gehen fiel mir aber richtig schwer, weil meine rechte Fußsohle so extrem schmerzte, dass ich nur humpeln konnte. Und es war ein langer Weg bis zum Auto. Aber dann konnte ich aus den Schuhen schlupfen und mir eine Hose und Jacke überziehen, da mir doch langsam kalt wurde. Mittlerweile hatte es 13°C, auch die Sonne kam etwas durch.
Peter, seine Frau und meine Tante Louise, sowie seine beiden Betreuer luden uns in einem extrem großen Einkaufs-Center zum Essen ein. Peter und ich konnten allerdings noch nichts essen, aber die anderen schlugen richtig zu!
Mein Körper begann sich langsam wieder zu erholen, trotzdem schmerzten mir viele Stellen, was mich aber überhaupt nicht beunruhigte, da ich ja weiß, von was das kam.
Nach dem Essen trennte sich dann der Weg von Peter und mir, wir gingen noch durch die Shopping-Meile etwas für die Rückfahrt einzukaufen und machten uns dann auf den Weg in die Innenstadt von Karlstad. Allerdings gibt es dort überhaupt keinerlei Sehenswürdigkeiten, so dass dies ein relativ kurzer Stadtausflug war. Es war unmöglich, ein schönes Souvenir mitzubringen, es gab einfach nichts.
Während des Rennens habe ich oft gedacht, dass ich mich ruhig quälen kann, da ich abends im Whirlpool liege und alles andere dann vergessen ist! Genau das machten wir drei, als wir zum Hotel zurück kamen. Ach wie herrlich war es in der Sauna und anschließend im heißen Whirlpool.
Wir spielten noch Billard und machten dann mit der Rezeption aus, weil wir um 5 Uhr abreisen wollten, dass für uns, als Frühstückersatz, Lunchpakete hergerichtet werden.
Der Wecker wurde auf 4:30 Uhr gestellt .Allerdings hatten wir alle Einschlafschwierigkeiten. Irgendwann hat es aber doch geklappt und die Uhr klingelte erbarmungslos in aller Herrgottsfrühe! Vor uns lag eine Reise von ca. 20 Stunden. Dennis feierte am 20.09.2021 seinen 29. Geburtstag und es war das erste mal, dass er einen Geburtstag 24 Stunden nur mit seinem Bruder und Vater im Auto verbrachte. :-)
Es ging alles gut und wir kamen am Dienstag um 1 Uhr wieder in Günzburg an. Sollten wir 2022 wieder dieses Event ins Auge fassen, so überlegen wir, ob Fliegen eventuell eine Alternative wäre.
Das nächste große Rennen ist für den 16.02.2022 geplant. Das neu ins Leben gerufene Reschenseerennen in Italien. Werde natürlich auch darüber berichten.
Bild oben v.l. Andreas Nygaard und Stefan Eich