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Skiroller-Weltmeisterschaft!
Wenn sich das für uns Fanatische nicht gut anhört, was dann?
Und wenn die Veranstalter auch noch ein „Open Race“ von 25 Km über die Original Weltmeisterschaftsstrecke anbieten, mit einem Start 15 Minuten nach den Profis, dann MUSS ein Skiroller- u. Langlaufherz einfach höher schlagen.
So eine Möglichkeit, in meiner Nähe, das Navi sprach von guten 4 Stunden Fahrt!!! (hahaha), werde ich mir natürlich nicht entgehen lassen.
Die Anmeldung verlief sehr komplikationsfrei. Eine Mail mit dem Startvorhaben ans Organisationskomitee geschrieben und schon kam die Bestätigung, dass wir, also Peter und ich, angemeldet sind und die 10,-€/Person Startgebühr beim Abholen der Startnummer zahlen können.
Wieder mit an Bord ist meine Lebensgefährtin Heidi. Peter darf natürlich auch nicht fehlen, aber er reist, anders als Heidi und ich, erst direkt am Sonntag vor dem Start an!
Unser Samstag gilt der Anreise mit anschließender Streckenbesichtigung. Der Ausschreibung war ein detaillierter Streckenverlauf angefügt, und so fahren wir von Molina di Fiemme, der Start, Richtung Bellamonte, dem Ziel. Schilder am Straßenrand zeigen uns schon an, richtig zu sein, denn sie kündigen die bevorstehenden Straßensperrungen an.
Die WM begann ja bereits am Donnerstag und am Samstag Nachmittag fand noch der Mannschaftssprint statt. Sind leider erst in Ziano di Fiemme angekommen, als alles schon vorbei ist. Jedenfalls was das Rollern betrifft. Die Straße ist weiterhin gesperrt und die winzige „Messe“ mit Ercolina, SkiSett und WM 2013-Artikel ist noch in vollem Gange. Kleine Gassen der Ortschaft führen uns aber auch wieder auf die Hauptstraße und wir können unsere Fahrt Richtung Bellamonte fortsetzen.
Alles gesehen, und schon melden sich unsere Mägen, dass sie auch bitte beachtet werden wollen. Machen noch einen kleinen Spaziergang durch Cavalese, ein Ort, der uns schon vom Marcialonga bekannt ist und uns sehr gut gefällt, und speisen da in einer Pizzeria. Nach gutem Essen fahren wir zur Unterkunft zurück, duschen, schauen fern,….., und schlafen.
Frühstück ist für 7 Uhr geplant und der Wecker klingelt pünktlich um 6:45 Uhr.
Diesmal verführt mich frisches Brot. Mit Butter und Marmelade, dazu ein, zwei Gläser Saft, und schon bin ich fertig. Muss ich ja schließlich gleich alles mitschleppen!! Aber die Speise drückt den vorhandenen Darminhalt Richtung Ausgang, und ich besuche die Toilette.
Vollziehe das alte Ritual des Ankleidens und fertig stehe ich im Zimmer. Auch für heute ist kurz angesagt, da die Wettervorhersage von einem schön warmen und sonnigen Tag sprach. Das ist es auch. Zwar noch ziemlich kühl in der Früh, aber wolkenloser blauer Himmel ist zu sehen.
Peter hat angerufen und mir mitgeteilt, dass er im Startbereich auf mich wartet.
Mit dabei ist Gert, ein ehemals sehr guter Skirollerfahrer und Langläufer, jetzt aber nur zum Anfeuern mit dabei, und damit Heidi nicht so ganz alleine auf mich warten muss!! ;-))
Also, jetzt mal ganz ehrlich gesagt, habe ich mir eine Skirollerweltmeisterschaft irgendwie pompöser vorgestellt. Mit viel Flaggen, Plakaten, Fernsehteams, usw., irgendwie so ähnlich, wie wir alle das von den großen Volksläufen kennen. Aber da ist nix. Gar nix!!!!
Erst am Sonntag, kurz vor dem Start wrd es so hergerichtet, dass erkennbar wird; Halt, hier findet was statt!!! Egal, bin ja auch kein PR-Experte.
Ein großer Parkplatz liegt verkehrsgünstig in Startnähe, und da trafen wir uns schließlich, herzen uns alle und machen uns sogleich daran, unsere Startnummern abzuholen.
Es ist da alles sehr übersichtlich. Eine Mitarbeiterin der Ausgabe versteht mein Englisch, ich zahle und bekomme zwei große Beutel. Peter hatt die 35, ich die 36. Das Nummernsystem ist alphabetisch gemacht worden. Auch gut und einfach!!
Neugierig durchsuchen wir den Inhalt unserer blauen Taschen und sind doch überrascht, was es alles für niedliche Dinge damals zur FIS Nordic-WM 2013 gab, und wie viel da anscheinend übrig blieb und wie geduldig alles aufbewahrt wurde!! ;-))
Es gibt: Ein Isolationssitzkissen, ein Plüschmaskottchen (Igel), sehr süß, einen Nylonbeutel, ein Käppi, ein Paar Skiclips und einen Schlüsselanhänger. Und die Nummer war nicht zum eng überziehen, sondern zum binden. Mist!! 🙁
Was mich sehr freut ist, jetzt da alles vor mir liegt und ich das T-Shirt ausgepackt habe, dass dies nicht von der WM 2013 her stand, sondern ein aktuelles „FIS Roller Ski World Champs Trentino 2015 -T-Shirt ist!! JUUUUHUUUUU :-))))
Ist zwar in XXL, aber mit noch paar extra Fruchtzwergen, wird es mir irgendwann , vielleicht, hoffentlich nicht wirklich, mal passen!!!???
Sind wieder zum Auto zurückgekehrt und beginnen uns mal, wie viele andere Teilnehmer auch, bisschen warm zu rollern.
Huch, habe noch gar nicht erwähnt, dass diese 25 Km in freier Technik gelaufen werden und jeder, der schon mal von mir gelesen hat weiß, dass ich nur klassisch laufe (laufen kann).
Haben uns die Roller angeschnallt und rollern die erste Gerade, ca. 200 m, vom Start weg hin und her. Sehe mich um und entdecke, dass alle kurze Holme mit schmalen Rollen haben.
Da richte ich mich mal auf ein einsames Rennen ganz am Schluss ein!
Die Zeit vergeht relativ zügig. Wir unterhalten uns bisschen mit den deutschen Eliteläufern und anderen Freizeitsportlern und schon werden die Nichtamateure an den Start beordert.
Um 9 Uhr ist der Startschuss und das Feld von 34 Skatern skatet an uns vorbei. Für mich ist es wunderlich, dass es ein ziemlich humanes Anfangstempo ist!!! Oder will der erste nur den Radfahrer, der vor ihm fährt, nicht überholen?? Verfügt ja nicht jeder über die Ortskenntnis um das Ziel auf direktem Weg zu erreichen. 😉
Verabschiede mich von meiner Heidi und vom Gert, wünsche Peter ein gutes Rennen und mache mich langsam auf, Richtung Start.
Die Ersten stehen schon fiebernd in der ersten Startreihe und das Feld füllt sich so allmählich. Gemeldet, laut Startliste, sind 95 Athleten. Mein Plan, oder meine Taktik, ist, ganz hinten zu starten, damit ich die schnellen Skater nicht behindere und immer weiß, ob ich letzter bin!?
Die Nummer 95 versucht aber auch, als letzter zu starten, da er sich immer wieder am äußersten Ende des Feldes aufhält. Ich lasse ihn schlussendlich hinter mir starten! Bin ja nicht so!!
Vor mir sehe ich zwei als Wikinger verkleidete mit breiten Walzenrollen, also Klassischläufer, sowie einen weiteren Klassiker, der Fitter und schneller als die Beiden mit den Hörnern auf dem Helm aussieht. Auch eine Frau ist mit am Start.
Noch 1 Minute. Langsam werde auch ich bisschen aufgeregter, aber so richtig nervös bin ich nicht. Ist ja fast schon Routine. 😉
Dann kommt der Startschuss und das Feld bewegt sich. Wollte zwar langsam starten, aber so langsam wie die Beiden vorher erwähnten und die Frau, schaffe ich nun doch nicht wirklich.
Schnell die Drei überholen und langsam weiterschieben. Langsam deshalb, weil ich ja weiß, wo meine Heidi steht. Und schon sehe ich sie an der Parkplatzeinfahrt mit Gert stehen. Roller langsam zu ihr, bleibe vor ihr stehen, sehe in ihr verwundertes Gesicht und höre, wie sie mich mit einem ziemlich lautem „HOPPA HOPPA“ anfeuert. Dann frage ich sie, ob sie meine Frau werden will!! Fassungslos schaut sie mich an, lächelt, sagt ja, gibt mir ein Bussi und schickt mich wieder weiter auf die Strecke.
Lächelnd und beflügelt beginnt jetzt für mich das Rennen. Die Plüschhörner und die Dame sind nach wie vor hinter mir geblieben und erst mal sehe ich keine weiteren Läufer.
Nach ca. 300 m beginnt der erste Aufstieg und auch das hintere Feld der Rollerer wird sichtbar. Nähere mich denen und siehe da, an drei ziehe ich vorbei!! Läuft gut. Der Anstieg geht so ca. 2 Km, dann kommt ein kurzes Flachstück von ca. 300-400 m, und in Castello die Fiemme beginnt gleich hinter dem Torbogen der Aufstieg mit einem 150 m langen Stück Kopfsteinpflaster.
Fluchende Teilnehmer kannte ich vorher noch nicht, genau wie solche, die gut sind, aber plötzlich rumstackseln, als wären sie das erste mal auf einem Rollski. Sie tuen sich wirklich hart über diese Unebenheit. Einige ziehen sogar die Roller aus und tragen sie bis zum nächsten Asphalt.
Ich stelle meine Stöcke ins Waagerechte, und laufe, innerlich grinsend, weil es bei mir ja gut geht, mitten auf der Straße an zwei Gegner vorbei. Es geht wieder ca. 1,5 Km Bergauf.
Dann wird es flach. Stellenweise geht es sogar leicht Bergab. Insgesamt ca. 10-11 Km. Habee zwar ein gutes Tempo, aber gegen die schnellen Skateroller bin ich (noch) chancenlos. Verliere da leider wieder paar Plätze.
Der Teer ist sehr rauh und nicht der schnellste. Es ging wieder leicht bergan, da spüre ich, dass mein rechter Stock ständig abrutscht. Ein Blick auf diesen verrät mir, das die Stockspitze komplett weg ist.
Und das bei Km 17!! Sah die letzte Zeit meinen direkten Klassikgegner immer näher kommen, bin also in Schlagdistanz, und dann das. Verliere an Geschwindigkeit und brauche enorm viel Kraft, um weiter vorwärts zu kommen. Der Klassiker verschwindet auf nimmer wiedersehen!! :-((
Stelle auf Doppelstockschub mit Zwischenschritt um, selbst im Flachen. Bei Km 20 wird mir dann ein Ersatzstock gereicht. Es ist ein schwerer One Way Alustock in 155 cm Länge. Mein linker Stock misst 162 cm!! Es geht zwar besser, aber nicht wirklich gut. Hilft jetzt aber auch kein jammern, weiter muss es gehen. Gehe aus der Handschlaufe und fasse den Griff am obersten Ende an.
Es geht weiter bergauf und klassisch so zu laufen geht besser als das Schieben mit einem zu kurzen Stock. Die letzten 5 Km geht es, teilweise sehr steil, aufwärts, und ich laufe alleine ein einsames Rennen. Werde dann vom Andreas Dillemuth überholt, da er einen Rollerbruch erlitten hat und bewege mich stetig dem Ziel entgegen. Die einzelnen Km werden alle einzeln angezeigt, und jetzt sehe ich das 500m-Schild. 200….100….Ziel!!! Geschafft!!!
Keine 10 Sekunden nach meiner Ankunft kommt auch schon ein Mann, der mich höflich bittet, den Ersatzstock wieder zurück zu geben. Ich gebe ihn den freundlichen Mann und frage, wo denn meine defekte Anschubhilfe abgeblieben ist. Verstehe, dass er im Rennbüro in Ziona di Fiemme zur Abholung bereit liegen wird. Schau ma mal, hatte da schon mal gaaaaaaanz schlechte Erfahrung in Obertilliach beim Dolomitenlauf gemacht.
Peter kommt auch gleich zu mir und wir suchen uns ein ruhiges Plätzchen an der Straße, weil wir weder meine zukünftige Frau, noch Gert irgendwo entdecken. Die Straße ist ja noch eine zeit lang gesperrt und ich denke, dass sie vielleicht von der anderen Seite irgendwo einen Weg gefindet. Aber auch kein anderes Auto kommt aus dieser Richtung. Also warten wir, bis die Strecke frei gegeben wird. Es kommen wirklich Skater nach mir ins Ziel. Freu!!!
Von den Wikingern und der Frau ist aber auch da nichts zu sehen, als die Fahrbahn wieder freigegeben wird. Die ersten Autos fahren an uns vorbei, und da sehe ich auch schon mein GAP-XC 67!!!!!
Begrüßen uns, erzählen kurz das Erlebte und machen uns gleich weiter auf Richtung Start.
Auf dem Rückweg sehe ich dann die Wikinger und noch viel weiter unten quält sich die einzige Dame des Feldes die Strecke entlang.
In Ziona halten wir an, ich suche das Race-Office, finde es, und gehe erleichtert, 30 Sekunden später, mit meinem Stock wieder raus.
Dann fahren wir zum Parkplatz, verabschieden uns von Peter und Gert, fahren zur Unterkunft und treten anschließend die Heimreise an.
Nächstes Jahr Ende Januar werden wir wieder Gast in dieser Region sein, wenn die 43. Auflage des Marcialongas gestartet wird!!
Stefan Eich