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Ein Bericht von Hans-Georg Stadler
An dieser regelrechten Tour über 90km teilzunehmen, ist eigentlich ein Muß!
In Schweden zu sein, es zu durchreisen, es zu fühlen, zu sehen – das ist noch ´n Zacken schärfer und schöner als der Rennsteig!
Wir waren letztes Jahr, nach 4 Jahren, zum 2. Mal wieder dort. Diesmal auch mit einem einwöchigen Urlaub verbunden.
Ziel der Reise war, die 90km Skiroller auf dem altehrwürdigen Eisenbahntrail schneller zu absolvieren als beim 1. Mal.
Diese ehemalige Eisenbahnstrecke von Uddeholm hinunter nach Karlstad (Provinzhauptstandt von Värmland) stammt aus Zeiten, als das riesige Stahlerzeugerwerk in Uddeholm nur mittels Bahn erreichbar war. Der Stahl wurde dann hinunter an den großen Vänern-See verbracht, wo die Erzeugnisse dann per Schiff weitertransportiert wurden. Heute erledigen das riesige Trucks.
Die Bahnstrecke ist heute asphaltiert und autofrei. Ideal für Fahrrad, Inliner und Skirollercracks!
Der Akt steigt im September oder Oktober. Hier schwanken die Termine ein wenig. Das Ganze wird als regelrechtes Sportfest für Jogger, Radfahrer und die Skiroller-Enthusiasten durchgeführt.
Freitagnachmittags wird in Karlstad gejoggt (bis zur Halbmarathondistanz), am Samstag wird geradelt auf 90km, 60km und am Sonntag wird gerollert (90km, 60km, 21km). Man läßt sich da auch immer etwas Neues einfallen!
Die Horde der Fahrradfahrer am Samstag wird in mindestens 2 Starts losgelassen! Von Highend-Carbon-Flitzern bis hin zur klapprigen ‚Gurke‘ mit rostigem Einkaufskorb auf dem Gepäckträger!
Der Sonntag dann, das ist der Hit! Über 600 Starter aus Skandinavien und einzelne Irre aus Resteuropa (Großbritannien, Island, Irland, Schweiz, Deutschland, Czechien, Polen, Frankreich, Dänemark) sind da vertreten!
Es gibt da sogar eine Sonderstartgruppe (Nationalteams aus Skandinavien) von max. 100 Startern, die früh um 8Uhr in Begleitung von Motorradkameras um Preisgelder fighten! Dieses Rennen wird live im schwedischen Fernsehen übertragen. Ab 9 Uhr sind dann die Massen der Skandinavier und wir restlichen Irren dran!
Dieses Mal war es enorm nebelig, +1°C, leichter Brise von Karlstad hoch – Gegenwind! Alarm! Wenn der auf den letzten 30km im freien Gelände noch ist – dann gute Nacht Marie!
1°C fragt man sich? Kein Problem für die Skandinavier! Kurze Hosen, Muscelshirt und jede Menge Gänsehaut! Die Rest-Irren in langer Hose oder Laufanzug wie im Winter!
Wichtig – den Transponder anlegen! Die Jungs haben sich eine App einfallen lassen, mittels derer die Vernünftigen und Daheim-Gebliebenen, mich auf dieser App ‚verfolgen‘ oder ‚bedauern‘ können! 😉
Es gibt nicht klebenbleiben wollende Aufkleber mit Startnummer drauf, für Helm, Skiroller und Stöcke. Zweimal auf deutsch geflucht und ein Skandinavier steht neben mir und hilft mit doppelseitigem Klebeband. Der schien das Fluchwort gekannt zu haben!
Hilfsbereitschaft unter Sportlern ist halt länderübergreifend! Super!
Die Sonne schaute dann immer stärker durch den Nebel hindurch und drückte dann diesen bis zum Start in die Knie. Punkt 9Uhr ging auf der Hauptstraße des Ortes Uddeholm die Hatz los. Ich stand dieses Mal im letzten Startblock (immer 100 Starter pro Block). Die langgezogene Ortsstraße war mit etlichen Zuschauern gesäumt. Nach 5km auf dieser Hauptstraße hatten dann alle Starter genug Platz, sich dann in den Radweg der alten Eisenbahnstrecke einzureihen. Das erste Schild mit den Restkilometern erschien – noch 85km! Das wird wieder ein hartes Stück Arbeit!
Meine Vorbereitung auf dem Radweg zwischen Breitungen und Wernshausen war zwar vielversprechend, aber durch eine Schulter-OP nicht gerade ausreichend! No Risk – no Fun!
Es lief richtig gut! Die Strecke war extra am Vorabend von speziellen Kehrfahrzeugen gereinigt worden! Kein Krümel auf dem Radweg.
Der Ausblick auf die Natur entlang an Teichen, Seen und dem Klarälven sind herrlich. Es wurde auch das eine oder andere Wort gewechselt – english! Die Burschen sind da verdammt gut drauf – ich weniger! Aber letzten Endes war das egal. Man verstand sich halt.
2-gleisig nebeneinander mit „hopp“ oder „be careful“, ging es die Gass unten raus. Das Geklapper der Stöcke war schier endlos. Verpflegung gab es auch. Aber wer dachte die Cracks bleiben da groß stehen und genehmigen sich da was – weit gefehlt! Mittels Klettband an Hose oder Rücken hingen die ‚Leckerbissen‘ am Körper fest. Ein kurzes „RRssst“ und die Fuhre ging weiter. Ich hatte schwer zu tun, um die gebotene „Mahlzeit“ hinunter zu würgen und wieder Anschluß an meinen Pulk zu finden.
3x gelang mir dies, dann war lange Alleinfahrt angesagt! Zäh sag ich Euch! Irgend wann klapperte dann wieder etwas hinter mir. Ein Einzelkämpfer wie ich. „Hopp Germany“ rief er – ich trug ein Nationalshirt mit ‚GER‘ hinten drauf. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Ein Engländer war es, der da kam!
Er war der einzige Irre aus UK und seinen Namen hatte ich zufällig in der Startliste gelesen – Mr. Eagle! Sorry, ich konnte nicht anders: „Hej, Eddie, the Eagle..“ rief ich und er verstand mich und lachte ebenfalls! Er hatte noch ein paar Körner mehr und fuhr dann allein wieder weiter. Im Ziel trafen wir uns dann wieder und hatten dann dort noch einen längeren Smaltalk. Ein netter Kerl!
Die letzten knapp 30km hatte ich dann ein paar junge Dänen als Windschattenspender. Die waren nur am Schnattern! Was `ne Kondition! Bei mir ging’s schon Richtung Zahnfleisch. Das Restkilometerschild mit „3km“ hat dann gezündet! Fragt mich nicht wie, aber ich war dann erheblich schneller im Ziel als meine gackernden Dänen! Wir haben dann im Ziel noch viel gelacht und erzählt. Sie kannten sogar die Region Oberhof!
Nach knapp 4:22h war dann die Hatz beendet. Einerseits erleichtert, andererseits ein Stück Wehmut, daß es am nächsten Tag auf die 1700km wieder nach Hause geht.